Arbeitsbedingungen: Postdienste in Kritik
Bei der Debatte um Mindestlohn, schlechte Arbeitsbedingungen und unzufriedene Beschäftigte wird eine Branche häufig genannt – die der Postdienstleister. Glaubt man der Berichterstattung, tummeln sich dort überproportional viele unterbezahlte Angestellte, die ohne staatliche Transferleistungen ihr Leben nicht finanzieren könnten. Arbeitnehmermitbestimmung scheint in der Welt der neuen Postdienstleister ebenso ein Fremdwort zu sein wie sozialversicherte Vollzeitbeschäftigung. Von Einschüchterung oder Mobbing ist oft die Rede.
Noch sind es überwiegend die Wettbewerber der Deutschen Post, die Prügel von Gewerkschaften & Co. einstecken müssen. Der Noch-Monopolist versucht sich als mustergültiger Arbeitgeber zu positionieren, der in Politik und Wirtschaft für die sozialen Anliegen seiner Angestellten wirbt. Die gelben Zusteller hätten geregelte Arbeitszeiten, würden angemessen entlohnt und auch sonst bestens betreut, verlautet es aus der Bonner Konzernzentrale.
Um diesen Status quo zu erhalten, wäre es förderlich, wenn auf dem Briefmarkt – Monopol inklusive – alles so bliebe, wie es ist, verlangt man mehr oder weniger unterschwellig. Der zunehmende Wettbewerb werde ja doch nur auf Kosten der Belegschaften geführt, Entlassungen und Lohndumping sind seine direkte Folge. Die Verbände der Wettbewerber kontern mit der hohen Zahl von Arbeitsplätzen, die sie in den letzten Jahren geschaffen hätten, mehr als die Deutsche Post entlassen habe. Den Wettbewerb aufzuhalten hieße, Tausende glückliche Mitarbeiter wieder auf die Strasse zu werfen.
Doch wie sehen das eigentlich eben jene Mitarbeiter? Erinnert deren Arbeitsalltag bei den neuen Zustellfirmen wirklich an frühindustrielle Zeiten, wie manch ein Gewerkschaftsfunktionär glauben machen will? Und herrschen bei den Zustellern der Deutschen Post AG wirklich derart paradiesische Bedingungen, dass das Briefmonopol in jedem Fall verlängert gehört? Wie sieht die tägliche Arbeit eines Zustellers überhaupt aus?
In der Hoffnung, Antworten auf solche Fragen zu finden, haben zwei Redakteure von posttip.de einen Zusteller der PIN AG und eine Zustellerin der Deutschen Post einen Tag lang bei ihrer Arbeit begleitet.