Arbeitsbedingungen bei Postdienstleistern - PIN Group 

PIN Group: Arbeitnehmerfreundliches Grün?

Morgens um acht herrscht im PIN-Mail-Depot in Berlin-Mitte bereits reger Betrieb. Ungefähr vierzig Menschen, überwiegend Männer unter 40, sitzen bereits seit einer Stunde vor den Sortierregalen und ordnen die heutige Post. Mit schnellen, gleichmäßigen Bewegungen nehmen sie Briefstapel aus den Regalfächern, gehen sie durch und ordnen sie entlang ihrer Auslieferungsroute.
Torsten Atrott arbeitet schon seit 2003 bei der PIN, die ihre Kundschaft mit "Schick es grün" auffordert, der gelben Post untreu zu werden. Er ist zuständig für das Gebiet Mitte-Kreuzberg. Normalerweise hat jeder Zusteller seinen "Stammbezirk", in dem er oder sie täglich austrägt. Vom Depot Mitte aus werden die Stadtteile Kreuzberg, Mitte und Prenzlauer Berg versorgt – alle per Fahrrad.

PIN-Zusteller sortieren ihre Routen selbst

Heute hat Atrott die Tour eines Kollegen übernommen, der im Urlaub ist. Nach einer groben Einteilung der Sendungen folgt die Feinsortierung nach der Reihenfolge der Hausnummern. Bei der PIN sortiert sich jeder Zusteller seine Route selbst. Neben der Gangfolge müssen auch andere Faktoren berücksichtigt werden. So muss etwa darauf geachtet werden, wichtige Geschäftspost ("da legen Anwälte großen Wert drauf") möglichst früh zuzustellen. Auch die "Laufhäuser", die auch bei den PIN-Zustellern so heißen, wollen möglichst komfortabel auf die Strecke verteilt werden. Im Zustellgebiet von Torsten Atrott gibt es viele davon – zumeist fünfstöckige Altbauten ohne Fahrstuhl. Bedient man sie alle hintereinander und alle zum Schluss, ist das zu anstrengend, meint er.

Auf Nachsendeaufträge und Vorausverfügungen muss auch Torsten Atrott bereits während des Sortierens achten. Das Sortieren dauert je nach Aufkommen und Streckenkenntnis etwa zwei bis drei Stunden, erklärt er. Die Routen ändern sich recht häufig. Wenn etwa Kollegen krank sind oder im Urlaub, muss deren Tour von den anderen mit übernommen werden. Dazu werden Nachbartouren teilweise neu zugeschnitten oder jemand übernimmt die Tour vollständig – das kommt auf das Sendungsaufkommen an.

Sendungsaufkommen ist stetig gestiegen

Seit er dabei ist, habe sich vieles verändert, erzählt Atrott. Er erzählt von den Anfängen der Berliner "PIN AG", die jetzt PIN Mail AG heißt. Damals war auch er noch nicht dabei und so ziemlich niemand wusste, wer oder was die PIN eigentlich ist. Am Anfang habe es zum Teil nur einen oder zwei Briefe pro Straße gegeben. Er selbst hatte 2003 schon ein paar mehr Sendungen in der Tasche, inzwischen muss er an fast jedem Haus anhalten. Schon oft wurden die einzelnen Zustelltouren verkleinert und neue eingerichtet, weil sich das Aufkommen so erhöht hat.

Wie bei seinen Deutsche Post-Kollegen passen auf ein Fahrrad drei Briefbehälter, jeder maximal 20 Kilo schwer. Die müssen für die gesamte Post ausreichen, die an dem Tag zugestellt wird. Unterwegs-Kästen, wo noch zusätzliche Post gelagert werden kann, gibt es nicht. Wenn jemand dauerhaft zuviel Post hat werden die Touren neu zugeschnitten.

Inzwischen gibt es auch für die meisten Häuser Schlüssel, worum sich bei der PIN eine eigene Stelle kümmert. Daneben pflegt jeder Zusteller eine eigene "Mieterdatenbank", in der er Besonderheiten bei der Zustellung, Umzüge und Ähnliches sammelt. Für die nicht zustellbaren "Rückläufer" dürfen alternative Anbieter wie die PIN auch die Adressdatenbank der Deutschen Post AG verwenden, allerdings nur gegen Gebühr.

Penibles Qualitätsmanagement

Die PIN sei mittlerweile sehr gut organisiert, findet Atrott. Das Qualitätsmanagement bei der PIN sei eher penibler als das der Deutschen Post, meint er nicht ohne einen gewissen Stolz. Dieses Qualitätsmanagement ist unter Umständen aber auch dafür verantwortlich, dass ein Mitarbeiter am Ende des Monats weniger Geld in der Tasche hat. Spezielle Teams kontrollieren die Zustellung, indem sie stichprobenartig mit den unzustellbaren Briefen die Tour noch einmal abfahren. Dann sehen sie, ob die Angaben korrekt sind und ob auch die zugestellte Post ordnungsgemäß ihre Empfänger erreicht hat. Wird ein Zusteller wiederholt bei groben Fehlern erwischt, muss er oder sie mit Prämienabzug rechnen.