Änderungen wird es vor allem im Servicebereich geben. Die Sendungsverfolgung wird schon heute von einigen Postdienstleistern praktiziert. In spätestens drei Jahren wird das ein Standard sein. Auch die Welt der Briefumschläge wird bunter. Unternehmen, die heute an die vielen betriebsbedingten Standards der DPAG gebunden sind, wollen den Briefumschlag in vielfältiger Weise in ihr Marketingkonzept einbinden. Der Service, wonach Briefe bis zum Mittagessen beim Empfänger sind, wird ebenfalls nach kurzer Zeit Standard werden.
Was mir persönlich am Herzen liegt ist das Beschwerdemanagement aller Postdienstleister. Teure Hotlinenummern und standardisierte Briefe ohne Namen des Sachbearbeiters und Unterschrift sind für einen Postkunden eine schlichte Provokation und passen nicht in die Welt modernen Verbraucherschutzes. Insgesamt gilt: Wir sind endlich auf dem Weg von der Angebots- zu Nachfragepost.
Einige Postmarktexperten prognostizieren steigende Portopreise für Privatkunden, sollte das Briefmonopol fallen. Für wie wahrscheinlich halten Sie diese Entwicklung?
Elmar Müller: Meine Prognose; die Preise für den Standardbrief werden sich binnen 15 Monaten unter 50 Cent einpendeln. Was wir ferner erwarten ist der sog. „ B-Brief“, das sind Standardbriefe für die der Postdienstleister anstelle E+1 bis zu 3 Tagen Zustellzeit haben darf. Selbstverständlich bei einem entsprechenden Preisabschlag von ca. 15 %. Das macht vor allem in der gleichmäßigeren Auslastung der Zusteller Sinn. In vielen Ländern der EU wird dieses Produkt erfolgreich seit Jahren angeboten.
Mit wie vielen, ernstzunehmenden Konkurrenten muss die Deutsche Post AG im Privatkundengeschäft ab dem nächsten Jahr rechnen?
Elmar Müller: Die Tatsache, dass in Deutschland die Bürger vom Baby bis zum Greis im Schnitt nur 9 Briefe schreiben, aber ca. 260 Briefe erhalten zeigt, dass es klug ist, den Blick wieder mehr auf den Empfänger zu richten. Stand heute kann gesagt werden, dass wir neben der DPAG mindestens zwei weitere Unternehmen am Markt haben werden, die bundesweit dem Privatkunden Dienste anbieten werden. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass auf mittlere Sicht die DPAG ihr Zustellnetz auch für die Wettbewerber öffnet. Sie wird das schon deshalb tun, um den größten und wertvollsten Bereich ihrer Mitarbeiter, die ca. 80.000 Zusteller auszulasten. Großbritannien praktiziert das schon seit Beginn der Marktöffnung am 1. Januar 2006.
Befürworter der Monopolverlängerung begründen ihre Forderung gern mit der Gefahr, die von ausländischen Postkonzernen für die Arbeitsbedingungen der Postler in Deutschland ausgeht. Die ausländischen Konzerne könnten mit Monopolschutz in ihrem Heimatmarkt hierzulande einen unfairen Wettbewerb führen. Sind diese Befürchtungen berechtigt?
Elmar Müller: Vorweg: Wer in Deutschland in das Postgeschäft investiert schafft hier und nirgendwo anders Arbeitsplätze. Im Übrigen werden bei diesem Argument immer die französische und die italienische Post als Gefahr angeführt. Es sind aber gerade diese beiden Länder, die gegen eine zu frühe Marktöffnung Sturm laufen, weil sie selbst noch einige Jahre benötigen, um ihre Postunternehmen rentabler und produktiver zu gestalten. Hier darf der EU-Wettbewerbskommissar zitiert werden mit den Worten: "Wer früher öffnet hat die bessere Ausgangsposition".