Immer wieder werden Postboten und Paketzusteller von Hunden angegriffen. Die Deutsche Post reagiert darauf mit Hundetrainings. Eine Reportage von Josefine Lietzau.
Die Hündin ist groß, grau und laut. Sie ist eine von rund 70 Hunden, die der Briefträgerin Anneliese Knop auf ihrer täglichen Route begegnen. Früher war sie mal Knops Intimfeindin, inzwischen ist sie nur noch eine von vielen. Der junge Postbote, der hin und wieder die Vertretung von Knop übernimmt, sieht das anders. Ist der Hund zu aggressiv, nimmt der Briefträger die Post auch mal wieder mit in das Postauto anstatt sie in den Briefkasten zu stecken.
Überraschen kann ihn die Hündin allerdings nicht mehr. Schließlich gibt es für jede Route Karten, auf denen die Postboten Bemerkungen für ihre Vertreter eintragen können. Dazu gehört auch eine gelbe Warnkarte für gefährliche Hunde. Auf der sind die Rassen und Eigenheiten des Hundes vermerkt. So können sich die Postboten auf die Gefahren ihres Alltags vorbereiten.
Bisse und Narben
Diese Vorbereitung können die Briefträger gut gebrauchen: Rund 1.800-mal jährlich werden sie in Deutschland vom besten Freund des Menschen gebissen, bei einem Drittel der Angriffe kommt es sogar zu größeren Verletzungen. Postboten im ganzen Land tragen Narben an Beinen und Armen. Teilweise stammen diese sogar vom selben Hund. Die Postboten müssen mit den körperlichen und seelischen Folgen leben, die Post mit den Kosten von Arbeitsausfall und Therapien.
Die Deutsche Post will sich mit dieser Situation nicht zufrieden geben. Deshalb veranstaltet das Unternehmen und andere Postdienste immer wieder Trainingsveranstaltungen, in denen Postboten den Umgang mit fremden Hunden lernen. So wie das Training mit Hundetrainer Jörg Ulbricht im Postzustellzentrum Mahlow, an dem auch Anneliese Knop teilnimmt.
Hundeschule für die Boten
Zuerst kommt ein theoretischer Teil, in dem der Trainer mögliche Fehler und Lösungen an Beispielen des Postbotenalltags erklärt. Dazu gehören zum Beispiel Tipps, wie man ein Paket an den Kunden reichen kann, ohne dass der Hund dabei an den Kunden vorbei auf den Postboten losgehen kann. Dabei sind einige der Ratschläge besser zu folgen als andere. Denn nur wenige Postboten werden ruhig bleiben, wenn ein Hund sie verfolgt.
Danach kommt die Praxis. Dabei gesellen sich drei Hunden zu den Postboten, einer davon wird für seine Teilnahme gleich mit einem Leckerli durch einen der Briefträger belohnt. Leckerlis gehören zu den zugelassenen Waffen im täglichen Kampf mit den Hunden. Sie kommen jedoch nur zum Einsatz, wenn die Herrchen damit einverstanden sind.
Hunde wie Besitzer
Die Besitzer der Hunde spielen für die Post und die Briefträger eine große Rolle. Schließlich sind sie es, die das Verhalten der Hunde am besten ändern und kontrollieren können. Sie sind es auch, die in letzter Konsequenz ihre Post nicht erhalten, wenn ihr Hund eine Gefahr für den Postboten darstellt. Der altbekannte Satz "Der will nur spielen" hilft da auch nicht weiter.
Anneliese Knop hat Glück mit den Hunden und Besitzern auf ihrer Route. Nicht nur, dass ihre Intimfeindin sie nur noch wenig beeindruckt. Es gibt auch Hunde, die nur auf sie zukommen, um sich ihre Streicheleinheiten abzuholen. Und die erkennen Knop nicht nur am Geräusch des Postautos, sondern auch an ihren Schritten.
Wenn ein Hund zum Problem wird, greifen die Besitzer auf ihrer Tour ein. So wie die Familie, die einen Hund aus dem Tierheim ihr Eigen nennt. Noch ist der Hund nervös, bellt Knop an und wirft sich am Zaun hoch. Die Besitzer haben jedoch vorgesorgt: Ein zweiter Zaun trennt den Hund von Briefkasten und Briefträger. So braucht hier keiner der Postboten die unzähligen Tipps, die sie beim Hundetraining bekommen.