Zwischenruf:"Ein Markt ohne Kunden ist kein Markt"von Stefan Middendorf*Das Briefmonopol ist tot, es lebe das Briefmonopol. Aber immer noch sind wir weit davon entfernt, um von einem fairen Wettbewerb oder einem liberalisierten Postmarkt sprechen zu können. Selbst wenn das Mindestlohndiktat nun hoffentlich kippt, so sorgen die Mehrwertsteuerbefreiung und noch komfortablere Möglichkeiten des Pricedumpings für die Deutsche Post dafür, dass keineswegs von einem so genannten Level Playing Field gesprochen werden kann. Losgelöst davon: ein liberalisierter Markt braucht natürlich auch Kunden, die die neuen Angebote in Anspruch nehmen wollen. Ein Markt ohne Kunden ist kein Markt. Bisher profitieren noch viel zu wenige von den innovativen Produkten und neuen Serviceangeboten der neuen Dienstleister. Viele dagegen profitieren derzeit lieber von der – möglicherweise vorübergehenden – Geschmeidigkeit der Deutschen Post hinsichtlich Preissenkungen und Rückkaufangeboten. Es waren die First Mover, unsere loyalen Kunden, mit denen wir gemeinsam das Angebot entwickelt haben, das wir heute dem Markt anbieten können. Wir brauchen nun die Second Mover, die gemeinsam mit uns Angebote und Produkte entsprechend ihren Anforderungen entwickeln. Das Henne-Ei-Problem (was kommt zuerst: neue Angebote oder mehr Volumen) kann nur gemeinsam gelöst werden. Und zwar, in dem man mit mehr Volumen und mehr Kunden attraktive Angebote an den Markt machen kann und so Angebotsvielfalt schafft, die auf Innovationen, Service, Qualität und natürlich auch Preisen basiert. Wenn aus einem Monopolmarkt ein Käufermarkt wird, dann sind es die Kunden, die von der zunehmenden Leistungsfähigkeit im Wettbewerb profitieren. Eine strategisch vernünftige Entscheidung großer Geschäftskunden ist beispielsweise, Aufträge nach den Kriterien Preis, Leistung und Qualität (Dual-Vendor Ansatz) zu vergeben und damit neue Optionen und Verhandlungsmöglichkeiten zu gewinnen. Dadurch fördern sie den Wettbewerb, von dem sie heute aber auch in Zukunft profitieren können. Die abwartende Haltung potenzieller Kunden aufgrund der instabil erscheinenden Rahmenbedingungen ist verständlich, aber falsch. Wenn alle warten, wird der Markt "zu Tode" gewartet. Gerade jetzt ist es wichtig, dass alle Marktteilnehmer den liberalisierten Postmarktes nach ihren Bedürfnissen mitgestalten.*Stefan Middendorf ist Vorstand der TNT Post AG & Co. KG