Der Bundestag hat die Einführung eines Mindestlohns in der Postbranche beschlossen. Wie das "Handelsblatt" schreibt, votierten mehr als Dreiviertel der Abgeordneten für die Aufnahme der Briefzusteller in das Arbeitnehmerentsendegesetz. Nur 70 votierten dagegen, 16 enthielten sich.
Damit haben neben der FDP-Fraktion auch einzelne Abgeordnete der CDU/CSU gegen den Vorschlag gestimmt. In der Debatte, die der Abstimmung vorausging, verteidigten die Regierungsparteien, aber auch Rednerinnen und Redner der Grünen- und der Linksfraktion den Mindestlohn gegen die Kritik der FDP. Einerseits ging es um die Frage, ob Mindestlöhne an sich wünschenswert sind. Dazu kam das spezielle Problem, ob der für den Mindestlohn gültige Tarifvertrag eine Basis für eine Allgemeinverbindlichkeit sei.
Mit der Änderung des Entsendegesetzes wird der Mindestlohn allgemeinverbindlich erklärt, auf den sich der von der Deutschen Post dominierte Arbeitgeberverband und Gewerkschaften geeinigt hatten. Er beträgt für Briefzusteller zwischen acht und 9,80 Euro. Am 20. Dezember muss das Gesetz noch den Bundesrat passiere. Auch hier gilt eine Zustimmung als sicher.
Der Arbeitgeberverband "Neue Brief- und Zustelldienste", in dem unter anderem die PIN und TNT organisiert sind, hat zeitgleich zur Bundestagsdebatte im Bundesarbeitsministerium einen eigenen Mindestlohn beantragt. Wie "SPIEGEL ONLINE" meldet, wollen sie als eigene Branche der Mehrwertbriefdienste auftreten.
Der entsprechende Tarifvertrag wurde mit der frisch gegründeten Gewerkschaft "Neue Brief- und Zustelldienste" vereinbart. Demnach wollen die in dem Verband organisierten Unternehmen ihren Zustellern im Westen 7,50 Euro und im Osten 6,50 pro Stunde bezahlen. Einwände gegen dieses Vorgehen weist der Arbeitgeberverband zurück. Sein Vizevorsitzender Bernd Jäger erklärte, schließlich hätten die Gewerkschaft ver.di und andere Postgewerkschaften mehrere Verhandlungsangebote nicht angenommen.
Der Trick mit der neuen Branche funktioniert so: Bis jetzt dürfen Briefdienstleister der Deutschen Post AG trotz Briefmonopol Konkurrenz machen, wenn sie "höherwertige" Leistungen wie etwa taggleiche Zustellung, termingenaue Zustellung oder Sendungsverfolgung erbringen. Dafür erteilt die Bundesnetzagentur eine eigene Lizenz. Außerdem weist die Behörde in ihren Statistiken für den Postmarkt die Branche der Mehrwertbriefdienste offiziell aus.
Solche Leistungen, sagen nun die "Neuen Brief- und Zustelldienste", biete die Post überhaupt nicht an, damit handele es sich um eine völlig andere Branche. Diese stehe in direkter Konkurrenz etwa zu Speditionen, die das Tarifgefüge der Briefmehrwert-Branche mit niedrigen Stücklöhnen unterliefen. Aus diesem Grunde beantragt die neue Branche "Mehrwertbriefdienste" nun ihrerseits die Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Die Voraussetzungen dafür seien erfüllt: Der Antrag stellende Verband umfasst mehr als 50 Prozent der Beschäftigten, und es gibt einen gültigen Tarifvertrag.