Am 3. Oktober 2010 jährt sich die Deutsche Wiedervereinigung zum zwanzigsten Mal. Ein Jahr vor der neuen Deutschen Einheit, im November 1989, fiel die Mauer, die bis dato Deutschland in zwei Nationen spaltete. Bis zu ihrem Fall bildete sie für die meisten Deutschen in Ost und West ein unüberwindbares Hindernis. Für viele Verwandte und Bekannte war der Postverkehr oft die einzige Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren und kleine Geschenke zu Geburtstagen oder zu Weihnachten auszutauschen. Der Paketversand von West nach Ost hat nicht nur den Empfängern eine Freude bereitet, die Staatsführung der DDR hatte die "Versorgung von drüben" sogar fest in den Haushalt eingeplant. Doch der Versandweg wurde nicht nur einseitig genutzt. Auch Richtung Westen verließen viele Millionen Pakete und Päckchen jährlich die DDR.
Foto: Rainer Sturm/PIXELIO, Montage: posttip.de
Das Westpaket
Das sogenannte Westpaket, das viele DDR-Bürger noch in allzu guter Erinnerung haben dürften, wurde seit 1978 rund 25,5 Millionen Mal pro Jahr in die DDR verschickt. Am geringsten war das Versandaufkommen von West nach Ost im Wendejahr 1989. "Nur" 24,7 Millionen Pakete gingen damals auf die Reise. Der Höchstwert wurde 1988 mit 27,9 Millionen Paketsendungen aus dem Westen verzeichnet.
Auf dem Postweg wurden vor allem Lebensmittel in die DDR geschickt. Im ersten Jahrzehnt nach Kriegsende handelte es sich dabei noch vor allem um Grundnahrungsmittel. In "Merkblättern für Geschenksendungen in die Sowjetzone", die in der früheren Bundesrepublik von Wohlfahrtsverbänden herausgegeben wurden, wurde empfohlen, vor allem Fett, Reis, Mehl, Hülsenfrüchte und Kaffee bzw. Kakao nach drüben zu schicken.
Im Laufe der Zeit veränderten sich die Paketinhalte von notwendigen Lebensmitteln zu Genussmitteln. Bereits in den sechziger Jahren findet sich in den entsprechenden Merkblättern für den Paketversand schon der Hinweis, dass sich die Versorgungssituation in der DDR verbessert habe. Nun komme es darauf an, die Menschen an den "Annehmlichkeiten des Lebens" teilhaben zu lassen, ihnen eine Freude zu bereiten. Für den Versand in die "Sowjetische Besatzungszone" werden daher Konsumgüter und Waren des gehobenen Bedarfs empfohlen.
Kaffee und Schokolade ganz oben auf der Hitliste
Das spiegelt sich dann auch in den Inhalten der Westpakete wider. In einer Studie, in der das Institut für Marktforschung der DDR im Jahr 1978 die Mengen der eingeführten Waren erfasste, finden sich Kaffee, Schokoladen und Schokoladenerzeugnisse, Südfrüchte und Obst, Kokosflocken, Rosinen, Mandeln und Nüsse auf den vorderen Plätzen der am häufigsten verschickten Lebensmittel. 1983 wertete das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) je 50 Pakete aus dem Westen und aus dem Osten nach ihren Inhalten aus. Auch fünf Jahre später sind Kaffee und Schokolade weiterhin der Versandschlager.
Daneben fanden die Stasi-Kontrolleure in den Westpaketen vor allem Kaugummi, Bonbons, Kosmetikartikel, Waschmittel, Strumpfhosen, Backpulver, Puddingpulver, Konserven, Gewürze, Wurst und Pralinen. Neben Verbrauchsartikeln schickten Westdeutsche auch Bekleidung, Schmuck und elektronische Geräte an ihre ostdeutschen Verwandten und Bekannten.
Neben der Sorge um die Brüder und Schwestern in der DDR motivierte der westdeutsche Staat seine Bürger auch mit Steuererleichterungen. Für jedes versandte Paket in den Osten konnte man 40 DM von der Steuer absetzen. Vereinzelt wurde diese Regelung auch als Steuersparmodell genutzt und sogenannte Fremdpakete verschickt, die nur das Porto gekostet hatten. Allerdings waren derartige Sendungen die absolute Ausnahme.