Paketzustellung per Lastenfahrräder oder zu Fuß sind ökologisch nachhaltig. Von Mikro-Depots aus können die Paketdienste die Sendungen auf den letzten Zustellmetern zum Empfänger bringen. UPS betreibt bereits ein Pilot-Projekt in Hamburg. Posttip zeigt Ihnen das Konzept der Mikro-Depots.
Beispiel von Mikro-Depots
UPS und die Stadt Hamburg haben am 1. Februar 2015 ein zweijähriges Modellprojekt gestartet, um Verkehrsaufkommen und die Abgas-Emissionen durch die Paketzustellung in der Innenstadt zu veringern. UPS hat dafür einen Container (Mikro-Depot) als Zwischenlager in Hamburg (Neuer Wall bei der Stadtwassermühle) positioniert.
In den frühen Morgenstunden stellt der Paketdienst den Container voll beladen ab. Anschließend liefern die UPS-Zusteller die Pakete zu Fuß mit der Sackkarre, mit dem Lastenfahrrad oder mit einem elektrisch betriebenen Fahrrad an die Empfänger. Die Mitarbeiter bringen zugleich auch abgeholte Pakete zum Versand in den Container. Abends geht das Depot wieder zurück zur nächsten UPS-Niederlassung, wo es für den nächsten Tag vorbereitet wird. Der UPS-Container steht von 9:30 Uhr bis 18 Uhr an seinem Bestimmungsort, hat eine Fläche von 25 mal 25 Meter und kann bis zu 400 Sendungen lagern. Laut Unternehmen läuft das Modellprojekt bisher gut und erntet positive Rückmeldungen. Drei weitere Stationen sind in Hamburg geplant.
Was sind Mikro-Depots?
Mikro-Depots sind Container, abgestellte Nutzfahrzeuge oder geeignete Immobilien, von denen aus Lastenfahrräder oder fußläufigen Transporthilfen bestückt werden. Von hier aus liefern die Zusteller in einem Radius von 500 bis 1.000 Metern ("Allerletzte Meile") die Pakete zu den Adressaten aus. Um Kosten zu sparen können die KEP-Dienste (Kurier-Express-Paket-Dienst) kooperieren und die Mikro-Depots gemeinsam nutzen. Aus Wettbewerbsgründen dürfen sie aber die Pakete bei Zustellung oder Abholung nicht vermischen. Der Bundesverband Paket & Express Logsitik (BIEK) hat in einer Studie mit der Technischen Hochschule Nürnberg eine Definition aufgestellt.
Mikro-Depots ermöglichen eine nachhaltige Art der Paketzustellung, mit Lastenfahrrädern oder zu Fuß mit Transporthilfen. Die Lastenfahrräder sind bei vielen KEP-Diensten bereits in Betrieb. UPS zum Beispiel nutzt seit Juni 2012 das größte Lastenfahrrad "Cargo Cruiser XL", Hermes seit 2011 zehn elektrisch unterstützte Fahrräder. Paketdienste wie TNT setzen Räder nur teilweise ein, die GLS etwa im italienischen Vicenza. DHL hat das Model "Parcycle" in den Niederlanden auf den Straßen und GO! in Stuttgart ein Solar-Elektro-Rad mit Li-Ionen-Akku und einer Kapazität von 100 Kilogramm. Als Nachteil können bei der Zustellung auf der "Allerletzten Meile" die vielen Zwischenstopps gelten, die mit dem Lastenfahrrad erfolgen. Mit der "Allerletzten Meile" ist die letzte Phase des gesamten Zustellungsprozesses
gemeint.
Vorteile der Mikro Depots
Kommunen befürworten prinzipiell die Mikro-Depots. Sie wollen die Zustellung von Paketen in Wohngebieten möglichst emissionsfrei und ohne jegliche Störung. Dafür wollen sie Mikro-Depots nachhaltig nutzen. Ein Projekt wie in Hamburg ist aus Gründen des Lärmschutzes und der Luftreinhaltung in vielen Kommunen denkbar.
Der Handel favorisiert grundsätzlich alle Konzepte, die die Erreichbarkeit des Einzelhandels verbessern. Der große Pluspunkt ist die Anlieferung mit dem Fahrrad, da Räder ein sympathisches Image vermitteln. Darüber hinaus werden die Schaufenster nicht von Fahrzeugen der Paketdienstleister verdeckt. Auch die E-Commerce-Branche sieht in dem Konzept eine Zukunft.
Die KEP-Dienste haben generell ein Interesse an Mikro-Depots, besonders an den Standorten, an denen eine großes Verkehrsaufkommen und ein hohes Stopp&Go-Risiko besteht. Diese Aspekte findet man in allen deutschen Großstädten. Zwar stehen alle Paketdienste für ein Pilotprojekt bereit, doch Projekte sind an mehrere Bedingungen geknüpft: passt zum Beispiel die Sendungsstrukturen in den einzelnen Gebieten. Welche Größe muss ein Container als Mikro-Depot haben? Darüber hinaus dürfen sich die Zustellgebiete der Mikro-Depots nicht mit der herkömmlichen Zustellung überschneiden. Die Paketdienste dürfen ihre Sendungen aus Wettbewerbsgründen nicht vermischen. Eine kooperative Nutzung der Mikro-Depots ist nur dann möglich, wenn die Paketdienste über einen eigenen abgetrennten Bereich innerhalb des Containers verfügen. Die Zustellung und Abholung muss in der Verantwortung der einzelnen Dienstleister liegen.
Auch für die Sicherheit müssen die Paketdienste sorgen. Verschließbare Ladeeinheiten und eine Diebstahlsicherung der Lastenfahrräder sind den Wettbewerbern genauso wichtig wie die Ganztagszustellung der Pakete. Die Fläche, worauf der Container abgestellt wird, muss logistisch geeignet sein und exklusiv für die KEP-Dienste zur Verfügung stehen.
Nachteile der Mikro-Depots
Die Kommunen haben Probleme damit, geeignete Flächen für die Depots zu finden. Vor allem in den Innenstädten sind Flächen teuer. Günstige Ideen wären zum Beispiel Parkhäuser, Tiefgaragen oder allgemeine Flächen, die kommunal bewirtschaftet werden. Alles hängt auch von der Bereitschaft der KEP-Dienste und der Kommunen ab, gemeinsam eine kostengünstige Lösung zu finden. Da sich die Innenstädte ständig verändern, müssen die Standorte gegebenenfalls flexibel sein. Eine dauerhafte privatwirtschaftliche Nutzung ist deswegen teilweise problematisch.
Der Handel wird die Mikro-Depots ablehnen, wenn dadurch bei der Zustellung zu hohe Kosten entstehen. Es muss der Bedarf an Mikro-Depots vorhanden sein, auch im Hinblick auf die Finanzierung. Ein negativer Aspekt ist die ständige Veränderung des Stadtbilds: Anwohner könnten sich durch die Container gestört fühlen, wenn diese das Stadtbild negativ beeinflussen. Auch Kommunen und Handel werten den Anblick von Containern im öffentlichen Raum negativ.
Zu hohe Fixkosten für die Depotflächen können für die KEP-Dienste zum Problem werden. Dadurch steigen die Zustellkosten und damit auch die Paketpreise zu Lasten der Einzelhändler und Verbraucher.
Aus technischer Sicht muss der Einsatz von Rollbehältern als Ladungsträger oder von Parkhaus oder Tiefgarage als Umschlagsplatz erst noch getestet werden. Auch die Lastenfahrräder müssen hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Das Problem: in vielen Fußgängerzonen in Deutschland herrscht ein striktes Fahrradverbot.
Fazit
Das Modell Mikro-Depots hat in der Zukunft echte Erfolgsaussichten, wie das Pilotprojekt von UPS in Hamburg zeigt. Nach Aussage von UPS sind die Zusteller zufrieden mit ihrer neuen Möglichkeit, die Sendungen zum Adressaten zu bringen. Ob das in anderen Städten ebenfalls realisierbar ist, hängt von den jeweiligen geographischen und sozialen Bedingungen ab. Wie viele Städte in Zukunft mit dem Prinzip der Mikro-Depots arbeiten werden, wird sich noch zeigen. Die KEP-Dienste jedenfalls wollen eine nachhaltige und emissionsfreie Zustellung auf der "Allerletzten Meile". Nicht zuletzt hängt ein Gelingen der Mikro-Depots auch davon ab, ob die verschiedenen Paketdienste miteinander kooperieren.