Der deutsche Bundestag hat einen Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur mehrwertsteuerlichen Behandlung von Postdienstleistungen abgelehnt. Damit folgte das Parlament ohne weitere Aussprache einer Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit, in dem sich die Regierungskoalition gegen die Opposition durchgesetzt hatte. Ziel des Brüsseler Richtlinienvorschlags ist die Gleichbehandlung aller Postdienstleister bei der Erhebung der Mehrwertsteuer.
Derzeit sind die nationalen Postanbieter in einigen EU-Staaten von der Erhebung der Mehrwertsteuer auf Briefdienstleistungen befreit – darunter auch die Deutsche Post AG. Private Briefdienste bzw. die Postunternehmen anderer EU-Staaten müssen dagegen bereits die Mehrwertsteuer auf Briefdienstleistungen erheben. Die Europäische Kommission hat erkannt, dass die unterschiedliche Behandlung der Briefdienstunternehmen mit den europäischen Wettbewerbsgrundsätzen nicht vereinbar ist und hat deswegen einheitliche Mehrwertsteuersätze für alle Briefdienstunternehmen vorgeschlagen.
Das Aktionsforum "Mehr Farbe im Postmarkt" bezeichnete die Zurückweisung des Richtlinienvorschlags durch die Regierungskoalition als wettbewerbsfeindlich. Die Begründung der Beschlussempfehlung, wonach durch die Erhebung der Mehrwertsteuer private Haushalte zusätzlich belastet würden, sei nicht tragbar. Die Deutsche Post müsse keineswegs das Briefporto anheben, wenn die Mehrwertsteuer auf Briefsendungen erhoben wird.
Der Interessensverband verweist auf das Jahresgutachten 2002/2003 der Monopolkommission, die deutlich darauf hingewiesen hat, dass die Umsatzrendite von 17 Prozent im Briefmonopol erhebliches Potential für Senkungen des Briefportos biete. Zudem machen private Briefe weniger als 10 Prozent des gesamten Briefaufkommens der Deutschen Post aus. Die Mehrwertsteuerpflicht würde daher keineswegs zu einer Erhöhung des allgemeinen Briefportos führen. Für Briefe versendende Unternehmen wäre die Abführung der Mehrwertsteuer ohnehin aufkommensneutral.